Reverse Engineering und 3D-Druck
Reverse Engineering (RE) bedeutet vereinfacht gesagt umgekehrtes Entwickeln. Normalerweise wird bei der Entwicklung eines Produkts zuerst ein Plan angefertigt und nach diesem das Produkt hergestellt. Beim RE läuft der Prozess andersherum: Aus dem Objekt heraus wird der Bauplan rekonstruiert. Hierfür untersucht man den Aufbau, die Zustände und Reaktionen des Objekts und analysiert diese. Umgekehrtes Entwickeln wird in unterschiedlichen Einsatzgebieten angewendet – Produktentwicklung, Qualitätsprüfung, Fehlersuche.
Verwendung des 3D-Drucks im RE
Durch Verwendung des 3D-Drucks im Reverse Engineering kann man einfach und kostengünstig Modelle herstellen, um sie mit dem Original zu vergleichen – zum Beispiel zur Analyse stark beanspruchter Stellen.
Außerdem ermöglicht der 3D-Druck das Kopieren: eine Reproduktion von Teilen, von denen keine Konstruktionsdaten mehr vorliegen, zum Beispiel sehr alte oder abgenutzte Teile. Auch ganze Objekte wie zum Beispiel Flugzeuge lassen sich so herstellen.
Digitale Ersatzteile?
Ersatzteile können problemlos mit dem 3D-Druckverfahren hergestellt werden. Tatsächlich gibt es die Idee, Ersatzteile digital zu lagern. Das würde beinhalten, Ersatzteile nicht wie bisher im physischen Sinne in Lagerräumen aufzubewahren, sondern lediglich in digitaler Form als Daten. Bei Bedarf könnte man diese dann mithilfe des 3D-Drucks schnell und preiswert produzieren. Zwei Jahre lang wurden die Vorteile digitaler Ersatzteile vom finnischen VTT Technika Research Center und der Aalto University untersucht. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass durch die Nutzung digitaler Ersatzteile Lagerkosten entfallen würden, die Ersatzteile individuell angepasst werden könnten und es für die Unternehmen einfacher und schneller als bisher wäre, die richtigen Teile zu beschaffen. Etwa fünf Prozent von Ersatzteilen ließen sich auf diese Weise fertigen – nämlich diejenigen, die selten Verwendung fänden.
Methoden des RE
Elementar für RE ist eine besonders genaue Messung des Objekts. Hierfür werden vor allem zwei Methoden angewandt: der 3D-Scan und die taktile Messung.
Ein Scan kann mithilfe eines 3D-Scanners durchgeführt werden oder mit einem CT-Scan. Die Verwendung eines Scanners hat mehrere Vorteile: Es ist kein Kontakt zum Objekt erforderlich, der herkömmliche 3D-Scanner klein und handlich, das Verfahren ist sehr schnell und Freiflächen können problemlos gemessen werden. Als Nachteil bringt die Anwendung mit sich, dass er durch die Reflexion des Lichts nicht immer ganz genaue Werte ermittelt. Das ist abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit. Wenn möglich, sollte man das Objekt vor dem Scannen mit einer matten Schicht wie zum Beispiel Kreidespray überziehen. Außerdem kann es zu Hinterschneidungen kommen, es können Bereiche fehlen, wenn das Objekt nicht vollständig ausgeleuchtet wird.
Der CT-Scan verursacht keine Hinterschneidungen, allerdings nimmt das Gerät viel Platz in Anspruch und ist sehr kostenintensiv.
Taktile Messung
Die taktile Messung kann man mit einem Koordinatenmessgerät (CMM) vornehmen oder manuell. Die Verwendung eines Messgerätes eignet sich für Objekte mit einer einfachen Geometrie, für die sehr genaue Ergebnisse benötigt werden. Meistens liefert eine taktile Messung noch genauere Ergebnisse als ein Scan.
Welche Methode des 3D-Drucks auch angewendet wird – die gesamte Technologie liefert einen wichtigen Beitrag zum Reverse Engineering und ist eng mit diesem verzahnt.